Grundlage für die energiepolitische Bewertung im Planentwurf bildet das Gutachten von Professor Georg Erdmann. Ich habe mir dieses Gutachten einmal in Ruhe angeschaut und bin zu dem Schluss gekommen, dass es als Grundlage nicht geeignet ist.
Zur Methodik des Gutachtens gehören unter anderem „diverse Gespräche mit maßgeblichen stakeholdern“(S. 4) Wer diese waren steht nirgends. Das Gutachten kann also auch einfach von Lobbyisten diktiert worden sein.
Das Gutachten prüft nur den Bedarf des Standortes Schwarze Pumpe. Das geht völlig am Thema vorbei. Ohne die Lieferungen nach Jänschwalde reicht das Teilfeld I des Tagebaues bekanntlich aus, um das Kraftwerk Schwarze Pumpe bis nach 2040 zu versorgen. Das ist in den Stellungnahmen zum ersten Planentwurf deutlich angesprochen worden. Sie können es im Planentwurf auf S. 31 im Mengengerüst nachlesen: Aus dem laufenden Teilfeld I soll mehr Kohle in Jänschwalde verbrannt werden (232 Mio. t), als im neuen Teilfeld II überhaupt liegt (204 Mio. t). Da das hier ausgeblendet wurde, ist das Gutachten schon bei der Fragestellung manipuliert.
Gegenstand des Gutachtens ist ausdrücklich, ob „die von Vattenfall-Konzern angegebenen langfristigen Bedarfsmengen (...) nachvollziehbar“ (S. 4) sind. Mit der Fragestellung ob etwas nachvollziehbar ist, kann man aber gar nicht klären, was energiepolitisch notwendig ist. Professor Erdmann kommt letztlich zu dem Ergebnis, dass man den Strom irgendwo in Europa verkaufen könnte. Das soll energiepolitische Notwendigkeit sein? Damit will man Eingriffe in Grundrechte begründen?
Auf Seite 5 ein Klassiker der brandenburgischen Lobbypolitik: Dort wird ein PROGNOS-Gutachten von 2011 als Quelle angegeben und verschwiegen, dass es sich um ein Gutachten im Auftrag der Braunkohlenwirtschaft handelt. Der Planentwurf spielt dasselbe Spiel auf Seite 25.
Auf Seite 9 seiner Studie sieht Herr Erdmann keine Anhaltspunkte für künftig hohe CO2-Preise. Wenn das die Meinung der Landesregierung Brandenburgs ist, dann ist sie folgerichtig auch der Meinung, dass CCS bei der Kohleverstromung nie wirtschaftlich wird. Ein neues Kraftwerk in Jänschwalde soll bekanntlich nur mit CCS gebaut werden, das hat sowohl Vattenfall als auch die Landesregierung offiziell verkündet. Wann also wird das Braunkohlenplanverfahren Jänschwalde-Nord eingestellt, das ausschließlich für diesen Kraftwerksneubau begonnen wurde?
Auf S. 10 verabschiedet sich der Gutachter dann einfach mal vom Ziel der Bundesregierung, den Stromverbrauch zu senken. Es kommt bei der Umsiedlung von Dörfern aber nicht darauf an, ob Herr Erdmann an die Erfüllung der Einsparziele glaubt, sondern darauf, was das Allgemeinwohl erfordert. Zu hoher Stromverbrauch, der Einsparziele der Bundesregierung vereitelt, kann alles mögliche sein, aber kein Gemeinwohl.
Ganz ähnlich hält es Herr Erdmann mit den Klimaschutzzielen. Es steht zwar nirgends ausdrücklich, aber aus seinen Zahlen geht klar hervor, dass sie ihm einfach nur egal sind.
Seite 11: Im Jahr 2040 sollen Braunkohlenkraftwerke 2540 Stunden Minimallast fahren. Das heißt, so lange müssten sie eigentlich noch weiter heruntergefahren werden, sind dazu aber technisch nicht in der Lage. Das bedeutet, selbst Herr Erdmann räumt ein, dass Braunkohlenkraftwerke 2540 Stunden im Jahr ein Problem für die Energiewende sein werden. Tatsächlich könnte dieses Problem deutlich früher deutlich stärker auftreten.
Laut S. 19 hat Prof. Erdmann mit „vertraulichen Planungsunterlagen der Vattenfall Europe Mining AG“ gearbeitet. Das bedeutet, die energiepolitische Notwendigkeit Proschim abzubaggern wird mit Geheimunterlagen begründet! Ich hoffe, ich muss Ihnen jetzt nicht erklären, dass ein landesplanerisches Verfahren transparent stattfinden muss.
Das Kraftwerk Jänschwalde ist kurz davor, Deutschlands klimaschädlichstes Kraftwerk zu sein. Es gibt in ganz Deutschland nur noch zwei Blöcke von je 300 MW, die mehr CO2 pro Kilowattstunde emittieren. Proschim soll wie schon gesagt für den Weiterbetrieb dieses besonders klimaschädlichen und ineffizienten Kraftwerkes Jänschwalde zerstört werden. Prof. Erdmann ignoriert das auftragsgemäß und der Planentwurf hat eine unheimlich originelle Begründung für diesen Kohlebedarf, die auf Seite 30 oben nachzulesen ist: „Vattenfall gibt an, dass...“
Eine unabhängige Prüfung der energiepolitischen Notwendigkeit hat also trotz vieler Seiten Papier schlichtweg nicht stattgefunden. Damit ist die energiepolitische Notwendigkeit einer Umsiedlung nicht nachgewiesen.
Unter diesen Umständen ist es die Pflicht der Landesplanungsbehörde einen entscheidungs- und umsetzungsreifen Planentwurf für den Verzicht auf das Teilfeld II vorzulegen. Dieser muss jetzt erstellt werden, um entsprechend dem geltenden Braunkohlenplan zu Teilfeld I im Jahr 2015 in Kraft treten zu können. Alles andere wäre grob fahrlässig.