Wird das derzeit von der Abbaggerung bedrohte Lausitzdorf Proschim erhalten bleiben, der neue Tagebau Welzow-Süd II aber dennoch kommen? Ein entsprechendes Gerücht anlässlich der jüngst bekannt gewordenen Pläne zum Bau einer Kohlebahn durch den Ort verunsichert seit über einer Woche die Einwohner. Ein solcher teilweiser Aufschluss des Abbaufeldes Welzow-Süd II westlich von Proschim (das sogenannte „Flugplatzfeld“) wurde bereits im Jahr 2013 diskutiert, aber aus Mangel an Profitabilität von vom Bergbaubetreiber nicht in Betracht gezogen. Durch den Kohleausstieg scheint sich das möglicherweise geändert zu haben. Die Stadtverordneten Erhardt Lehmann (CDU) und Hannelore Wodtke (Grüne Zukunft Welzow) haben sich nun entschieden, die Landespolitik um Hilfe zu bitten. Bei einem Halt der „Bock auf Brandenburg“-Tour von CDU-Chef Ingo Senftleben in der Proschimer Mühle wurde die Thematik am letzten Donnerstag direkt angesprochen. Auch die Grünen wurden bereits informiert.
„An jedem Gerücht ist etwas Wahres dran“, meinte Hannelore Wodtke. Die Vorstellung, dass Proschim zur Insel in der Kohlegrube werden könnte, ist erschreckend. Die Tagebaue wären dann durch die Kohlebahn verbunden, die das Dorf durchschneidet.
Wenn der neue Tagebau Welzow-Süd II doch noch kommt, müssten auch die inzwischen recht weit gediehenen Pläne für die Einrichtung einer europäischen Löschflugzeugstaffel zu den Akten gelegt werden. Denn unter dem Flugplatz Welzow, der zu Teilen bereits dem Bergbaubetreiber gehört, liegt Kohle. Die avisierten etwa 400 Arbeitsplätze durch Wartung der Flugzeuge und das europäische Schulungszentrum würden dann nicht entstehen können. „Das werden wir auf keinen Fall hinnehmen“, sagte Hannelore Wodtke. Die Welzowerin vertrat die Region in der sogenannten Kohlekommission und hat sich mit Erfolg dafür eingesetzt, dass die Löschflugzeugstaffel als Projekt für den Strukturwandel aufgenommen wurde. „Es gibt Zustimmung für das Vorhaben von der EU und von Bundesebene; nur die Landesregierung mauert“, berichtet Wodtke.
Auch Erhardt Lehmann ist wütend: „Seit Jahren werden wir auf dem Basar der Kohlelobby und der SPD als Verhandlungsmasse verschachert. So darf man mit Menschen nicht umgehen“. Die rot-rote Regierung in Potsdam hatte den Weg für den neuen Tagebau 2014 durch einen umstrittenen Braunkohleplan geebnet, aber SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke weigert sich seit Jahren, eine Entscheidung über den Erhalt von Proschim zu treffen. Die soll nach Willen der rot-roten Landesregierung allein dem tschechischen Bergbaubetreiber obliegen.
CDU-Chef Ingo Senftleben versicherte am Donnerstag beim Grillabend in der Proschimer Mühle vor den etwa 40 Teilnehmern: mit ihm werde es keine Abbaggerung von Dörfern mehr geben, und er werde sich auch mit aller Kraft für die Löschflugzeugstaffel einsetzen. Dafür erntete er Beifall.
Die Grünen erklärten, dass die Absage an den neuen Tagebau eine unabdingbare Forderung im Falle einer möglichen Regierungsbeteiligung sein werde. „Egal in welcher Art auch immer. Mit uns wird Welzow II nicht kommen“, sagte die Jänschwalder Landtagsabgeordnete Heide Schinowsky gegenüber Hannelore Wodtke. Für Mitte August hat auch die Bundesvorsitzende der Bündnis90/Die Grünen Annalena Baerbock ihr Kommen nach Welzow angekündigt.