Könnte die Braunkohle unter Proschim zukünftig in Tschechien verbrannt werden? Dies legt zumindest eine Parlamentarische Anfrage der Linken im Bundestag nahe. In ihrer Antwort gibt sich die Bundesregierung ahnungslos und verweist auf die Verantwortung der Bundesländer. Vor dem Hintergrund eines möglichen Kaufs der Braunkohlesparte von Vattenfall durch den tschechischen Energiekonzern EPH könnte ein Export der Braunkohle aus den Lausitzer Tagebauen nach Tschechien nicht unwahrscheinlich sein, sagt der Welzower Stadtverordnete Günter Jurischka (CDU): „Im Gegensatz zu Deutschland dürfen in Tschechien keine Menschen mehr aus ihrer Heimat vertrieben werden, um Kohle abzubaggern“. Seit dem Jahr 2012 sollen bei den südlichen Nachbarn keine „unfreiwilligen bergbaulichen Grundabtretungen“ mehr möglich sein, heißt es dazu in der Anfrage.

Die tschechischen Braunkohle-Tagebaue werden jedoch aller Voraussicht nach spätestens im Jahr 2022 ausgekohlt sein. Eine anschließende Ersatzversorgung der nordböhmischen Kraftwerke mit deutscher Braunkohle sei durchaus denkbar. Auch die Bundesregierung will die Möglichkeit nicht ausschließen: „Ob im großen Umfang Braunkohlelieferungen aus der Lausitz in die Tschechische Republik trotz hoher Transportkosten wirtschaftlich möglich wären, sind betriebswirtschaftliche Überlegungen, die vom Unternehmen anzustellen sind“ erklärte der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Rainer Baake dazu in seiner Antwort. Jurischka wies darauf hin, dass die Entfernung von der Lausitz bis nach Tschechien nur etwa 100 Kilometer betrage. „Offenbar rechnet sich der Transport der Kohle schon heute, denn das Berliner Kohlekraftwerk Klingenberg liegt etwa in derselben Entfernung und wird seit Jahren mit Lausitzer Braunkohle versorgt“, so der CDU-Politiker Jurischka.

„Ein potentieller Käufer sollte wissen, dass wir uns durch alle Instanzen klagen werden. Ich werde Haus und Hof nicht sang- und klanglos für den Profit irgendwelcher Konzerne dieser Welt hergeben“, sagt Jurischka. Trotz massiver Kritik und Zweifel an der energiepolitischen Notwendigkeit, hatte die rot-rote Landesregierung in Brandenburg den neuen Tagebau Welzow Süd II im Sommer 2014 genehmigt. Der Tagebau wird mit der Versorgung der Brandenburger Kohlekraftwerke begründet. Dafür sollen über 800 Menschen umgesiedelt werden. Auch der Heimatort von Günter Jurischka – das Lausitzdorf Proschim – soll abgebaggert werden.

Unterstützung bekamen die Proschimer von den Brandenburger Bündnisgrünen. Auch sie sehen eine Lieferung von Lausitzer Braunkohle nach Tschechien kritisch. „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Tagebau Garzweiler vom Dezember 2013 setzt hohe Hürden für die Enteignung für Braunkohle an“, sagte die Energie-Expertin der Grünen im Brandenburger Landtag Heide Schinowsky. Eine Förderung der Braunkohle zum Einsatz in internationalen Kraftwerken gehöre demnach nicht zum Gemeinwohlbelang der Energieversorgung, wie es von den Verfassungsrichtern als Voraussetzung festgeschrieben worden sei, meint Schinowsky. Die Grünenpolitikerin werde diese Frage auf Landesebene weiterverfolgen, sicherte sie den Welzowern zu.

Die Forderung der schwarzgrünen Stadtfraktion nach einem Moratorium für die Umsiedlungs-Verhandlungen von Proschim begrüßte Schinowsky. In der nächsten Sitzung des Stadtparlaments am 4. Februar will die Welzower Bürgermeisterin Birgit Zuchold (SPD) zusammen mit der SPD-Fraktion eine Ermächtigung zur Führung von Umsiedlungsverhandlungen durchsetzen. Der Grundsatzbeschluss der Stadtverordneten aus dem Jahr 2011 – gemäß dem alles zum Erhalt von Proschim (Prožym) getan werden muss – soll damit aufgehoben werden. Dagegen gibt es von der Opposition Widerstand. Schinowsky wird an der Sitzung als Gast teilnehmen, kündigte die Landtagsabgeordnete gegenüber Jurischka an.

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Antwort der Bundesregierung auf kleine Anfrage der Linksfraktion: Braunkohlelieferungen in die Tschechische Republik

Beschluss im Jahr 2011 zum Erhalt von Proschim

Antrag SPD zur Aufhebung des Beschlusses zum Erhalt von Proschim